Herzschlag

„Herzschlag“ ist das erste Stück, das in der „Theaterhalle am Dom“ produziert wurde und Premiere feiert (8. Oktober 2022). Ausgangspunkt ist das Open Air Stück „Herzschlag“, das kollektiv anderer tanz im Jahr 2021 auf dem LGS-Gelände am Hubland in Würzburg produziert hat. Das damals entwickelte Material bearbeitet Choreograph Thomas K. Kopp speziell für die tollen Möglichkeiten in der „Theaterhalle am Dom“. So ist ein völlig neues Theatererlebnis entstanden, das die Thematik unter neuen Vorzeichen sieht und erweitert.

Im Mittelpunkt der multimedial angelegten „Herzschlag“ Produktion stehen drei Tänzerinnen, die das Bühnengeschehen aus Bewegung, Performance und Sprache bestimmen. Klangbilder, Soundschleifen und Videoinstallationen kommen hinzu und fügen sich zu einer im wahrsten Sinne des Wortes „zu Herzen gehenden“ Tanzperformance zusammen.

Das Stück bringen drei Performer_innen auf die Bühne: Dem „Theaterhallen“-Publikum bereits bekannt ist Yana Madriyani aus Frankfurt am Main, die als Teil von kollektiv anderer tanz in der Produktion „Blind Date“ getanzt und performt hat, sowie bei Kooperationen der „Theaterhalle“ mit dem „Museum am Dom“ Solos in der Ausstellungshalle zu Werken des Bildhauers Paul Diestel getanzt hat. Beim Solotanz-Abend im Rahmen des Sommer Open Air „unplugged auf dem Kiliansplatz“ 2022 hat sie dafür den Publikumspreis gewonnen. Sonja Golubkowa aus München hat bereits Open Air Version von Herzschlag im Jahr 2021 als Tänzerin und Performerin mit kollektiv anderer tanz gearbeitet. Dritte im Bunde ist Sophie Charlotte Becker. Die Tänzerin und Performerin lebt in München. Mit kollektiv anderer tanz hat sie bereits im Rahmen mehrerer Projekte zusammen gearbeitet, zum Beispiel bei einer Performance im Museum im Kulturspeicher in Würzburg.

Foto: Rainer Gräf

Das Herz ist das erste Organ, das im Embryo angelegt wird. Zu diesem Zeitpunkt ist er 4 Millimeter groß, das Gewicht ist noch gar nicht messbar – aber das Herz schlägt schon. Anfangs zart und langsam, doch schon bald bis zu 120 Mal pro Minute.

Und dann hört es nicht mehr damit auf – solange wir leben. Der Herzschlag begleitet uns, er ist immer da. Meistens nehmen wir ihn gar nicht wahr. Wenn unser Körper allerdings in den Alarm-Modus umschaltet, dann spüren wir intensiv, wie sich der Herzschlag verändert: Uns schlägt das Herz bis zum Hals, wenn uns etwas Angst macht, es hämmert geradezu gegen die Rippen, wenn wir vor Freude zerspringen möchten. Es stolpert, es hüpft, es blutet, es zerbricht. Wir verlieren es, wir schütten es aus, wir grüßen herzlich. Es wird schwer und es kann zerbrechen. 

Vielen Menschen haben ihr Herz während der Lockdowns ganz besonders wahrgenommen: pandemiebedingt erzwungene Abgrenzung und Vereinzelung einerseits, Sehnsucht nach Gemeinschaft, Schönem und Verbindendem andererseits. Und wie sieht es jetzt aus?

Zwar haben die Menschen mit Corona leben gelernt. Viele haben ihre eigene Strategie entwickelt und positionieren sich irgendwo zwischen „alles möglichst normal“ und „Safety first“. Aber es ist auch deutlich zu spüren, dass sich etwas verändert hat: Das fängt mit der Begrüßung an: Küsschen? Umarmung? Händeschütteln? Ghettofaust? Ellbogencheck? –  und hört mit der „Entwöhnung“ des Besuchs von Theatern, Museen und Kinos noch lange nicht auf. Verlorenheit und Einsamkeit als die „geheime Krankheit“ der Herzen.